2024-11-25




















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Hörerpostsendung vom 09.09.2012
(2012-09-10)
Zuletzt geändert: 2012-09-16 17:27 EET
Letzten Sonntag hatte ich angekündigt, dass ich mir ein verlängertes Wochenende am Schwarzen Meer gönne. Nun, aus den geplanten 3 Tagen ist spontan eine ganze Woche geworden, das Wetter war wunderbar, der Altweibersommer soll noch den ganzen Monat September und sogar bis Mitte Oktober andauern.

Ende Juli hatte Kollege Florin Lungu auf seinen Lieblingsbadeort Vama Veche mit folgenden Worten hingewiesen:

„Zusammen mit dem etwas weiter nördlich gelegenen Dorf Doi Mai galt Vama Veche als Treffpunkt für Individualtouristen, Künstler, Nonkonformisten – inzwischen ist der Ort durch die Anziehungskraft dieses Rufes zwar kommerziell geworden, aber Camping am Strand ist nach wie vor erlaubt und es gibt dem sehr kleinen Örtchen eine gelassene Atmosphäre. So gut wie jeden Abend treten Livebands auf und die Kneipen haben in der Regel 24 Stunden geöffnet. Ein Teil des Strandes ist für FKK-Badegäste eingerichtet. Anders als in den meisten übrigen rumänischen Seebädern gibt es hier keine großen Hotels, stattdessen private Pensionen. In den letzten Jahren wurden zwar einige neue Ferienvillen und Pensionen gebaut, die Errichtung großer Hotelkomplexe konnte jedoch von einer Bürgerinitiative verhindert werden.“

Prompt darauf schrieb Jörg-Clemens Hoffmann (aus Alsbach-Hähnlein, Hessen):

Danke für den Hinweis auf den Urlaubsort Vama Veche am Schwarzen Meer. Der Bericht hat mir plastisch vor Augen geführt, wie schön es dort ist, zumal ich kein Freund von zugebauten Stränden bin. Vama Veche scheint wirklich ein kleines Paradies in der Nähe der bulgarischen Grenze zu sein. Hoffentlich bleibt dieses Idyll noch lange erhalten.

Im Unterschied zu Kollege Florin Lungu war ich im bereits erwähnten Nachbardorf Doi Mai, das nur 4 Km nördlich von Vama Veche entfernt ist. Ein kurzer Abstecher nach Vama Veche war allerdings auch für mich ein Muss, zumal ich seit 2004 nicht mehr dort war. Aber zunächst möchte ich das Dorf Doi Mai beschreiben. Der Name der etwa 2200 Seelen zählenden Gemeinschaft rührt vom 2. Mai 1864 her, als Fürst Alexandru Ioan Cuza die Legislativversammlung der Vereinigten Fürstentümer Moldau und Walachei auflöste, um seine Reformen durchzusetzen. Die Ortschaft wurde 1887 gegründet, 9 Jahre nach dem Berliner Kongress von 1878, infolge dessen das Osmanische Reich die Norddobrudscha an Rumänien abtrat. Die ersten Siedler waren Russen, die der religiösen Gruppierung der sogenannten Skopzen angehörten. Ab 1900 wurden auch Lipowaner angesiedelt, ab 1920 Rumänen aus der Region Argeş, im kleineren Maße leben heute auch Tataren im Dorf. Dementsprechend gibt es heute im Dorf eine rumänische und eine russische Kirche sowie eine Moschee.

Doi Mai ist ein beschaulicher Ort, für hipe Veranstaltungen wie Konzerte ist keine Infrastruktur vorhanden, eine schicke Kneipenmeile gibt es sowieso nicht – das Dorf ist eher ein Urlaubsziel für Familien mit Kindern oder Menschen, die Ruhe suchen. Zelten ist auch hier möglich, in den wenigen Kneipen kann man gut und zu erschwinglichen Preisen essen, FKK-Anhänger dürften sich auch viel wohler fühlen, da sie – anders als in Vama Veche, wo die Nackedeien ab Ende der 1990er immer mehr angepöbelt und inzwischen ans südliche Ende des Strands gedrängt wurden – ihr Nackedonien in Doi Mai gegen „Textilisten“ (rum. „textilişti”) verteidigen, wie Badeanzug tragende Urlauber spaßhalber und etwas abschätzig bezeichnet werden.

Den Charme beider Dörfer machten die kleinen weiß-, blau- oder grüngestrichenen Häuser mit Garten und Weinlaube aus, die Anfänge des Tourismus sind bis in die 1940er Jahre zurückzuverfolgen, doch erst ab den 1970er Jahren begannen Studenten, Künstler, Schriftsteller und andere Menschen, die sich als „alternativ“ wähnten, regelmäßig hinzufahren. Bei nächtlichem Feuer am Strand und Gitarrenmusik entstand die Illusion einer einheimischen Hippie-Szene. Die kommunistischen Behörden tolerierten die marginale Boheme, die einheimischen Dörfler stellten sich immer mehr auf die ungewöhnlichen Gäste aus der Großstadt ein.

Nach der Wende von 1989 zog es immer mehr Menschen in die kleinen Fischerdörfer. Nicht wenige Einheimische verkauften ihre Häuser zu damals spottbilligen Preisen an pfiffige Unternehmer, die die alten Bauten abrissen und immer mehr hässliche Betontempel hochzogen. (Zum Bekanntheitsgrad von Vama Veche soll angeblich auch die gleichnamige Pop-Rock-Band aus Bukarest beigetragen haben, in ihren Texten wurden Sonne, Freiheit und Liebeleien in eben jenem Ort gepriesen. Ich sehe aber kein zwangsläufiges Kausalitätsverhältnis.)

Dem stellte sich ab 2003 eine Bürgerinitiative namens „Salvaţi Vama Veche“ („Rettet Vama Veche“, die Webseite ist leider nur auf Rumänisch) entgegen, die alles andere als unumstritten ist. Mit einer Konzertreihe namens Stufstock wollten sich die Initiatoren für den Erhalt des „bio-kulturellen Reservats“ in Vama Veche und Doi Mai starkmachen. Zahlreiche bekannte Bands traten ohne Gage auf, der Eintritt war frei. Der Riesenerfolg ließ „Stufstock“ ab 2004 zu einem alljährlichen – und inzwischen kommerziellen – Festival werden. Gerade diese Kommerzialisierung ließ die „Retter“ von Vama Veche und Doi Mai eine Menge Kritik einstecken. Mit den in den Medien stark popularisierten Konzerten seien noch mehr Menschen als früher nach Vama Veche gekommen, Zehntausende hinterließen nach jedem Stufstock-Festival Tonnen von Müll, so die kritischen Stimmen. „Stufstock“ – abgeleitet vom rumänischen Wort „stuf“ (= Schilf) – ist übrigens auch eine Anlehnung an Woodstock.

Ich persönlich betrachte die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Ab Mitte der 1990er Jahre habe ich an eigener Haut miterlebt, wie Nacktbadende in Vama Veche angepöbelt wurden, wie Betonklötze und Terrassen mit dröhnender Musik dicht am Strand entstanden, wie der FKK-Strand in Doi Mai aufgrund der Errosion (vermutlich durch den Ausbau der Werft in Mangalia verursacht) immer dünner wurde. Im Sommer 2004 war ich so angewidert, dass ich mir selbst schwor, nie mehr Urlaub an der rumänischen Schwarzmeerküste zu machen. Und ich hielt den Schwur auch – bis vor drei Jahren, als mich ein inzwischen nach Kanada ausgewanderter Kumpel aus der Schule, der fast jeden Sommer in seine alte Heimat zurückkommt, milder stimmte und mich überredete, zumindest Doi Mai wieder eine Chance zu geben. Was ich seitdem auch tue.

Dieses Jahr habe ich kurz auch Vama Veche – zum ersten Mal nach 8 Jahren – gesehen. Ich muss zugeben, ich habe Schlimmeres erwartet. Es stimmt, dass sowohl in Doi Mai, als auch in Vama Veche recht viel gebaut wurde, es sind aber nicht alle Neubauten hässliche Absteigen, sondern auch wirklich kokette Pensionen, es gibt folglich vielfache Übernachtungsmöglichkeiten, die Infrastruktur ist durch den Tourismus auch besser geworden. Falls also die aufgehaltene „Zubetonierung“ tatsächlich „Rettet Vama Veche“ zu verdanken sein sollte, ist dem Verein die allmähliche Kommerzialisierung zu verzeihen. Fortschritt hat seinen Preis, es hat wenig Sinn, nur darüber zu klagen, dass es nicht mehr wie „früher“ sei. Schließlich postulierten bereits in den 1990ern Veteranen, die Doi Mai und Vama Veche in den 1970ern-80ern entdeckt hatten, dass „ihre“ Welt nicht mehr „heil“ sei.

Mein Fazit: Die beiden Orte südlich von Mangalia und kurz vor der Grenze zu Bulgarien sind einen Besuch wert. Wem mehr „Action“ zuspricht, bis tief in die Nacht hinein feiern und tanzen möchte, ist Vama Veche zu empfehlen – der Ort hat auch den schöneren und breiteren Strand. Wer eher Ruhe und lockere Stimmung braucht, ist in Doi Mai besser aufgehoben.

(Scrollen Sie diese Seite herunter, um Fotostrecken aus Vama Veche und Doi Mai zu sehen. Für die mäßige "Farbenpracht" möge man Verständnis haben, die Bilder sind mit der Handykamera geschossen worden.)

Vergangenen Sonntag hatte ich Meinungen zur Diskussion „Radiohören und Zukunft der Kurzwelle“ gebracht. Weitere Hörermeldungen sind dazu eingetroffen. Siegbert Gerhard (aus Frankfurt am Main) schrieb uns per E-Mail folgende Zeilen:

Liebe Freunde von Radio Rumänien International,
Lieber Sorin,

die Nachrichten von RRI sind sehr ausgewogen und bringen alle wesentlichen Ereignisse in Rumänien und aller Welt. Die Euranet Beiträge von RRI bringen wichtige europäische Themen auf den Punkt – ich fühle mich bei RRI bestens informiert.

Sehr gut gefällt mir der Funkbriefkasten mit seinen unterschiedlichsten Themen, Fragen und Antworten, die kurzweilig behandelt und informativ beantwortet werden. Die Sendezeit vergeht immer viel zu schnell. Immer wieder wird derzeit auch das wichtige Thema "Zukunft der RRI-Kurzwellensendungen" erörtert.

Den Ausstieg von Auslandsdiensten in Deutsch aus der Kurzwelle meist aus fiskalischen Gründen hin zur Internetverbreitung bedauere ich sehr. Die Deutsche Welle als größter deutschsprachiger Auslandsdienst hat es Ende Oktober 2011 leider vorgemacht und ging mit Deutsch und weiteren Fremdsprachen von der Kurzwelle. Der gesetzliche Auftrag, Deutsche und deutsch sprechende Menschen in aller Welt über die Heimat und alles Wissenswerte über Deutschland zu informieren, wurde auch dort aus fiskalischen Erwägungen nebensächlich ins Internet verabschiedet.

Viele Stammhörer wurden verloren, wer hört oder liest wann, wie und wo schon Auslandsdienste im Internet? Wer schleppt PC oder Notebook dafür mit? Im Urlaub, Freizeit, Bummeln – viele bestimmt nicht. Die digitale Satelliten-Empfangsanlage dürfte im Koffer auch keinen Platz finden. Smartphones mit Flat sind teuer in der Anschaffung und im Unterhalt. Den kleinen, leichten, leistungsfähigen Kurzwellenempfänger dagegen habe ich bei diesen Gelegenheiten immer gerne dabei. Mit dem kann (konnte) ich meine Lieblingssender kostenfrei hören, überall, wo und wann ich wollte.

Mit Internet ist das nur mit Aufwand und großen Kosten für den Hörer möglich. In Hotels habe ich festgestellt, dass für den Internetanschluss bis zu 24 Euro pro Tag verlangt werden, was ich unverschämt und als sehr teuer empfinde. Von vielen Ländern, die das Internet nach ihrer Sichtweise kontrollieren, mal ganz abgesehen. Dort hat man das gefilterte Internet – vielleicht – zur Verfügung, Milliarden von Menschen in aller Welt werden es nie haben, weil sie es sich nicht leisten können und ganz andere Grundbedürfnisse haben.

Das vernünftige Nebeneinander von Kurzwelle und Internet ist in Schieflage geraten und wird zunehmend den Einsparungen geopfert. Das Aus für die Kurzwelle kommt mir dabei um einige Jahre zu früh und vor allem viel zu schnell. Das Sterben der Stationen auf kurzer Welle wird trotz meiner / unserer Lamenti weitergehen – es ist halt schade um jede verlorene Kurzwellenstation.

Lieber Herr Gerhard, vielen Dank für Ihre ausführlich dargestellte Sichtweise und besonders herzlich bedanken möchte ich mich für die Lobworte bezüglich des Funkbriefkastens. Ich stimme Ihnen im Wesentlichen zu, insbesondere wenn Sie sagen, dass man im Urlaub oder beim Bummeln gewöhnlich kein Notebook mit sich schleppt – ich tue es jedenfalls nur selten, und dann eher ein Netbook, das viel kleiner ist. [...]

Nur in einem Punkt möchte ich Ihnen, mit Verlaub, widersprechen: Smartphones sind mittlerweile nicht mehr so teuer, es gibt auch so genannte Low-End- oder Entry-Level-Handys (meistens mit Android), die schon ab 120 € zu kriegen sind. Und wie Klaus Nindel aus Dresden vergangene Woche berichtete, gibt es auch Apps, mit denen man Liveastreams und Podcasts hören kann. Vorausgesetzt, man hat eine gute W-Lan-Verbindung zur Verfügung oder eine Flatrate für Datentransfer vom Mobilfunkanbieter, was vorerst keine Selbsverständlichkeit zu sein scheint. Wir tun auf jeden Fall alles in unserer Macht Stehende, um weiterhin auf möglichst vielen Übertragungswegen zu senden.

Für den Erhalt der Kurzwelle plädiert auch Theresa Scheler (aus Truckenthal, Thüringen), sie schreibt:

Liebes Team des Senders Radio Rumänien International,

auch ich begebe mich täglich mit meinem Weltempfänger auf Weltreise. Dabei bleibe ich öfters bei RRI stehen und verfolge regsam den deutschsprachigen Auslandsdienst, so oft es geht. Es ist interessant, zu erfahren, wie die Mentalität der rumänischen Menschen ist und was diese im Moment in ihrem Land erleben. Zudem bin ich jedes Mal auf die Musik gespannt, da man in Deutschland überhaupt nichts über die rumänische Musik erfährt. Es ist sehr schade, wenn RRI die Kurzwelle verlassen würde. Dann wäre wieder ein Teil Europas auf Kurzwelle gestorben. Bitte liebes Team von RRI, bleibt noch sehr lange ON AIR!

Vielen Dank für Ihre Zeilen, liebe Frau Scheler. In punkto Musik darf ich darauf hinweisen, dass wir – abgesehen von der Zwischenmusik – fast jeden Tag charakteristische Musikrubriken haben: Am Dienstag „Die Lerche“ (Volksmusik), am Mittwoch „Pop und Rock“, am Donnestag die „Permanenzen der rumänischen Musik“ mit Altbewährtem aus Klassik und Oper und am Freitag „Jazz Universe“. Diese Beiträge kommen aus unserer zentralen Musikredaktion. Zudem präsentiert Kollege Florin Lungu jeden Samstag die rumänische Hitparade („Romanian Top 5“).

Auch Herbert Jörger (aus Bühl, Baden-Württemberg) hat zu uns gefunden, weil wir einer der wenigen verbliebenen Kurzwellensender sind:

Das Kuzwellenhobby mache ich seit meinem 8. Lebensjahr. Erster Kurzwellensender war die Deutsche Welle. Viele Kurzwellensender gibt es nicht mehr. Durch Zufall bin ich nun auch auf Ihre Frequenz gestoßen, ich werde versuchen, Sie öfters zu hören. Ich höre hauptsächlich Radio Taiwan International, die Stimme der Türkei, Radio China International, die Stimme Russlands, KBS World Radio Seoul.

Vielen Dank für Ihr Feedback und wir hoffen, dass Sie auch weiterhin unsere Frequenz einschalten.

Sorin Georgescu

Fotostrecke "Doi Mai":

Fotostrecke "Vama Veche":

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