2024-04-26




















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Die Rechnung, die nicht aufging
(2009-12-20)
Zuletzt geändert: 2009-12-28 18:39 EET
Vor 20 Jahren herrschte angespannte Stille und erdrückende Spannung in Rumänien. Der Sturz des Diktatorenehepaars Ceauşescu stand kurz bevor. Am 17. Dezember 1989 ließ das Regime Armee und Securitate-Trupps auf die Demonstranten schießen, die in der westrumänischen Stadt gegen die Diktatur protestierten.

Elena und Nicolae Ceauşescu schienen davon überzeugt zu sein, das Land immer noch unter ihrer Kontrolle zu haben. Gleich nachdem die Revolte in Temeswar niedergeschlagen wurde, reiste das Ehepaar Ceauşescu in den Iran. Die Auslegung der Staatsvisite ist heute kontrovers. Wähnten sich die Ceauşescus sicher, um gerade nach einer versuchten Revolte gegen ihr Regime ins Ausland zu reisen? Oder bangten sie um ihr Leben und suchten Zuflucht bei Ajatollah Chomeini und seinen Mullahs? Ahnten sie, was sich in den folgenden Tagen auch in Bukarest und anderen Großstädten abspielen würde?

Rumänien war im Jahr 1989 ein hermetisch abgeriegeltes Land. Versorgungsengpässe, Personenkult und ideologische Gleichschaltung machten das Leben für Millionen Menschen unerträglich. Während im übrigen Mittelosteuropa die kommunistischen Regime wie Dominosteine fielen, hatte sich Ceauşescu beim Parteikongress im November zum Generalsekretär wiederwählen lassen. Eine Opposition aus den Reihen der kommunistischen Partei, wie etwa im Fall Honeckers oder des bulgarischen Diktators Todor Schiwkow, wäre in Rumänien nicht denkbar gewesen. Die hohen Parteikader standen – bis auf wenige Ausnahmen – geschlossen hinter ihm, die Privilegien der Bonzenklasse waren die bare Münze, mit der das Schweigen der Genossen gekauft wurde. Und eine Zivilgesellschaft, Arbeiterbewegung oder bürgerliche Opposition wie in der Tschechoslowakei oder Polen, waren in Rumänien nicht existent, mit ehrbaren Ausnahmen, die man an einer Hand abzählen kann, hatten sich die meisten Menschen mit dem Regime arrangiert.

Die Ereignisse überstürzten sich ab Mitte Dezember 1989. Ceauşescu trifft eine Fehlentscheidung nach der anderen, die nur noch das Ende schneller herbeiführten. Der Aufstand in Temeswar war nur der Anfang. Einfache Menschen gingen am 16. Dezember 1989 auf die Straße und machten klar, dass sie die damaligen Zustände nicht mehr akzeptieren können. Der Aufstand in Temeswar hätte damals seine Wirkung nicht erzielt, wenn Ceauşescu sich selbst nicht mit dem Schussbefehl gebrüstet hätte. Im der staatlichen Zensur unterworfenen Fernsehsender schimpfte er am 20. Dezember auf die Demonstranten in Temeswar, nannte sie Hooligans und sprach von ausländischen Spionageagenturen, die da am Werk seien. Doch niemand glaubte mehr seinen Worten, die Beschimpfung der Protestler kam einer Anerkennung der Tatsache gleich, dass in der westrumänischen Stadt etwas los ist.

Am 21. Dezember folgt der fatale Fehler: Ceauşescu bestellt eine Massendemonstration in Bukarest, bei der das arbeitende Volk ihm zuzujubeln und die Proteste in Temeswar zu verurteilen hatte. Als Vorbild nahm er sich das nordkoreanische Modell und die Erinnerung an 1968, als ihm die Weigerung, am Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei teilzunehmen, Anerkennung brachte. Doch die Rechnung ging diesmal nicht mehr auf. Mitten in seiner Rede wurde er ausgebuht, die Kundgebung sollte zur antikommunistischen Revolution umschlagen. 24 Stunden später musste Ceauşescu die Hauptstadt fluchtartig verlassen, in wenigen Tagen wurde er gefasst und hingerichtet.

Marius Tiţa / Sorin Georgescu

 
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